Bayern auf H2-Mission

30.06.2022

Die Delegationen in Schottland und Norwegen sowie Kolumbien (Fotos: StMWi; StMWi, Elke Neureuther; Adobe Stock, Thomas)

„Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, dass das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet. […] Das Wasser ist die Kohle der Zukunft“. Diese Worte legte der Schriftsteller Jules Verne bereits 1874 seinem Ingenieur Cyrus Smith im Roman „Die geheimnisvolle Insel“ in den Mund – und wurde dafür milde belächelt.

Jule Verne würde heute für seine Aussage statt Spott ein anerkennendes Schulterklopfen erhalten. Bis 2035 soll der gesamte Energiesektor überwiegend CO2-frei sein, Gas-, Kohle oder Ölkraftwerke sollen verboten werden – so die Ziele beim diesjährigen G7-Treffen im Bayerischen Ellmau. Auch wenn das Datum noch etwas schwankt – die Richtung ist klar vorgegeben.

 

Wasserstoff gilt als der Stoff, der die Energiewende möglich machen könnte

Lässt man den Wasserstoff mit Sauerstoff reagieren, so entsteht Wasser und als Nebenprodukt Energie. Und das völlig emissionsfrei. Der Haken daran: Wasserstoff ist kein Primärenergieträger und muss erst aufwändig erzeugt werden. Egal ob Elektrolyse oder Photolyse: Die Technologien sind da. Damit bei der Erzeugung von Wasserstoff jedoch nicht mehr Co2 anfällt als er dann schlussendlich einspart, braucht es Alternativen. Besonders nachhaltig ist die Herstellung per Elektrolyse mit überschüssigem Ökostrom, also Strom aus Wind und Sonne, der aufgrund des zeitlichen und/oder örtlichen Auseinanderfallens von Stromproduktion und Strombedarf sonst nicht genützt werden könnte. 

Viele Firmen in Bayern, Deutschland und der ganzen Welt haben sich genau das zum Ziel gesetzt: Erzeugung von Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien. So dient das Wasserstoffbündnis Bayern als Vernetzungs-, Wissens- und Interessensplattform für mittlerweile über 270 Wasserstoffakteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Bayern. Doch klar ist für alle Partner: Die Sonne scheint nicht nur über Bayern, wirklich skalierbar in großen Dimensionen ist die Technologie vor allem durch internationale Partnerschaften, an deren Beginn oft ein Kennenlernen in Delegationsreisen steht.

 

Kilts und Lederhose – Gemeinsam für den grünen Wasserstoff

Vom 12.-15. Juni 2022 leitete der bayerische Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger eine 30-köpfige bayerische Delegation zum Thema Wasserstoff nach Schottland und Norwegen.

Die Delegationsreise, die von Vertretern namhafter bayerischer Unternehmen sowie Wissenschaftlern aus dem Bayerischen Wasserstoffbündnis und den beiden Landtagsabgeordneten Alexander König (CSU) und Benjamin Adjei (Die Grünen) begleitet wurde, startete in Glasgow und führte über Aberdeen nach Oslo.

In Glasgow unterschrieben der bayerische Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger und der schottische Minister für Wirtschaft, Handel und Tourismus, Ivan McKee, eine Absichtserklärung zum Ausbau der bayerisch-schottischen Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft mit dem Schwerpunkt auf grünem Wasserstoff. Besprochen wurden auch die Transportmöglichkeiten von grün produziertem Wasserstoff aus Schottland nach Bayern. Die Zusammenarbeit bayerischer und schottischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Energiebereich soll darüber hinaus gefördert und intensiviert werden. Zu diesem Zweck traf die bayerische Delegation zu Gesprächen auf eine Vielzahl von relevanten schottischen Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern.

 

Schottland und Bayern: Eine gute Kombination

In Aberdeen, einer Region im Nordosten Schottlands, wurden die Gespräche fortgesetzt. Diese Region arbeitet unter Hochdruck am Ausbau ihrer Wasserstofftransportwege. So steht ein neuer Hafenbereich kurz vor der Fertigstellung, über den eine Pipeline und Stromleitungen mit Anschluss an die Elektrolyseure auf dem europäischen Festland geführt werden sollen. Staatsminister Aiwanger äußerte sich nach den Besuchen in Glasgow und Aberdeen dahingehend, dass er in Schottland ein gutes Energie-Partnerland für Bayern sehe und plane, spätestens Ende des Jahrzehnts schottischen Wasserstoff nach Bayern zu importieren, der die eigene bayerische H2-Produktion ergänzen werde.

 

Norwegen: Vom wichtigen Erdgaslieferanten zum strategischen Partner für grünen Wasserstoff

In Norwegen traf der bayerische Staatsminister und der norwegische Minister für Erdöl und Energie, Terje Aasland, zusammen. In einem intensiven Gespräch betonte Hubert Aiwanger, welche entscheidende Rolle Norwegen derzeit als Erdgaslieferant für ganz Deutschland spiele und wie wichtig die zukünftige Lieferung von grünem Wasserstoff auch aus Norwegen sei, um diese bewährte Zusammenarbeit fortzusetzen. 

Zudem besuchte die Delegation das staatliche norwegische Energieunternehmen Statkraft, das international führend in Wasserkraft und Europas größter Erzeuger erneuerbarer Energie ist. Eine Zusammenarbeit mit Statkraft sei eine wichtige Perspektive für Bayern, da der Konzern ein immenses Potenzial für die Produktion von Erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff habe, so der bayerische Staatsminister.

Die ebenfalls in der Delegation mitreisende Vorsitzende des Zentrums Wasserstoff.Bayern, Professor Dr. Veronika Grimm, unterzeichnete indes eine Absichtserklärung mit Ingeborg Telnes Wilhelmsen, der Generalsekretärin des Norwegen Hydrogen Forum, in der eine Partnerschaft bei der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft vereinbart wurde. Der Blick der bayerischen Wasserstoffwirtschaft geht aber auch nach Übersee.

 

Kolumbien hat Wind und Sonne im Überfluss – die Technologie zur effizienten Nutzung hat Bayern

Gerade jetzt im Juni fand eine groß angelegte Wasserstoffreise durch Kolumbien statt, bei der Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit der fünftgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas bei der Energietransformation angekündigt hat. Weigert: „Die natürlichen Voraussetzungen eröffnen Kolumbien die Chance, zu einem global wettbewerbsfähigen Exporteur von grünem Wasserstoff und klimafreundlichen Derivaten wie Ammoniak, Methanol und synthetischen Kraftstoffen aufzusteigen. Das Land hat Wind, Sonne und Wasserkraftpotenzial im Überfluss und kann daraus günstig Strom für die Elektrolyse erzeugen. Kürzlich hat Kolumbien seine Wasserstoffstrategie aufgesetzt. Jetzt bildet sich das H2-Ökosystem. Das Interesse an einer engen Partnerschaft mit Bayern für den schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und den Aufbau der Wertschöpfungsketten ist groß. Wir haben die Technologien für den Energieträger der Zukunft, Kolumbien kann ihn günstig produzieren und liefern. Deshalb wollen wir die bestehende Kooperation im gegenseitigen Interesse verstärken.“

 

Der Staatssekretär hat Kolumbien mit einer hochrangigen bayerischen Wasserstoffdelegation bereist

Auf dem Programm standen Gespräche, u.a. mit Energieminister Diego Mesa und dem Stromversorger Grupo Energia Bogotá, ein Besuch des Innovations- und Forschungsinstituts von Ecopetrol in Bucaramanga und die Besichtigung der ersten Pilotanlage des Landes zur Herstellung von grünem Wasserstoff in der Ecopetrol-Raffinerie in Cartagena. Weigert: „Der staatliche Energiekonzern Ecopetrol ist zentraler Akteur der kolumbianischen Wasserstoffinitiative. Ecopetrol setzt beim Ausrollen der ersten Projekte bereits auf bayerische Technologie und hat Siemens Energy als strategischen Partner an Bord. Als weitere Plattform für die Vernetzung haben wir einen Start-up-Hub gegründet, der Ecopetrol über unser Wasserstoffzentrum H2.B und unsere bayerische Repräsentanz in Südamerika den Zugang zu innovativen Start-ups in Bayern ermöglicht. Auch auf unserer Leitmesse, dem Hydrogen Dialogue in Nürnberg, erwarten wir Vertreter aus Kolumbien. Die bayerisch-kolumbianische Partnerschaft wird auf allen Ebenen mit Leben gefüllt.“  

Begleitet wurde Staatssekretär Weigert in Kolumbien u.a. von Prof. Dr. Peter Wasserscheid, Vorstand des Bayerischen Wasserstoffzentrums H2.B, den Landtagsabgeordneten Florian von Brunn (SPD) und Benjamin Miskowitsch (CSU) sowie weiteren Vertretern aus Forschung und Wirtschaft.

Wasserstoff und grüne Technologien werden auch in Zukunft wichtige Themen bei Delegationsreisen sein, so z.B. vom 18.-21. Oktober in Rumänien (Veranstaltung I News-Beitrag) oder vom 19.- 23. November im Oman. Kontakte knüpfen und Synergien nützen, um sinnvoll zu handeln und dabei wirtschaftlich erfolgreich sein – das ist ein ausgewiesenes Ziel der Bayerischen Wasserstoffwirtschaft.

 

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