Über 8500 Kilometer: Die Brücke zwischen Bayern und Südkorea

21.02.2024

13 Jahre EU Handelsabkommen und 140 Jahre Partnerschaft zwischen Deutschland und Südkorea – eine Erfolgsgeschichte. 34 Milliarden Handelsvolumen konnten 2023 erzielt werden – mit einem klaren Exportüberschuss auf der Seite Deutschlands. Ob Maschinenbau, Biotech, Food & Beverages oder der Bau: Das Potenzial ist gegeben!

100 000 km² Fläche, 52 Millionen Einwohner mit einer hohen Kaufkraft, eine der niedrigsten Fertilitätsraten bei gleichzeitig sehr hoher Lebenserwartung. Strenge Arbeitsgesetze, ein hoher Grad an Offenheit und Technikaffinität, Gastfreundschaft, unglaubliche Umsetzungsgeschwindigkeit, eine hohe Leistungsorientierung und gleichzeitig ein Gespür für Nunchi - die Zwischentöne und die Atmosphäre im Raum. Das und noch viel mehr kennzeichnet die Republik Korea. Auch wenn 8500 Kilometer Luftlinie das asiatische Land von Bayern trennen: Es gibt viel Verbindendes, und das nicht erst, seit der Südkoreaner Minjae Kim die Verteidigerposition bei FC Bayern München angenommen hat. Wir trafen Felix Kalkowsky, Vice President und Head of Market Entry & Expansion bei der AHK in Seoul zu einem Interview. Die AHK dient in Korea als Vermittlerin zwischen interessierten bayerischen sowie koreanischen Unternehmen und als Sprungbrett für bayerische Firmen, um am asiatischen Markt Fuß fassen zu können.

 

Herr Kalkowsky, was verbinden Südkoreaner mit Bayern?

Koreaner verbinden mit Bayern sehr viel Positives: Die hohe Qualität bei den Produkten, deutsche Wertarbeit und gleichzeitig auch deutsche Hochkultur wie zahlreiche Komponisten und Philosophen. Auch das bayerische Bier erfreut sich großer Beliebtheit!

Das sind viele positive Konnotationen, die ein Andocken sicher erleichtern. Inwiefern ist denn Korea für bayerische Unternehmen ein interessanter Absatzmarkt?

34 Milliarden Handelsvolumen pro Jahr sprechen eine klare Sprache. Insbesondere, was deutsche Exporte betrifft, ist Korea ein äußerst attraktiver Absatzmarkt - tatsächlich in Asien sogar der zweitgrößte. Besonders spannend für Zulieferer bzw. Mittelständler ist, dass erfolgreiche Geschäfte mit großen koreanischen Unternehmen oft ein Sprungbrett in Drittmärkte darstellen. Denn wenn beispielsweise Riesen wie Hyundai oder Samsung in Südostasien investieren, dann nehmen diese großen koreanischen Konglomerate oft auch ihre Zulieferer mit.

Gleichzeitig können koreanische Unternehmen auch Innovationspartner im Bereich Forschung und Entwicklung sein. Ich denke hier besonders an Digitalisierung, Smart Factory, Smart Health Care und Grüne Technologien. Da gibt es tolle Fördermöglichkeiten!

 

Kommen wir noch einmal zum Export. Welche Branchen haben besondere Chancen?

Insgesamt sehe ich u.a. in fünf großen Branchen Chancen. Nämlich: Maschinen und Autos bzw. Autoteile: BMW stand auf der Liste der meisteingeführten Autos ganz oben. Auch für kleinere Unternehmen kann Korea sehr attraktiv sein. Im Maschinenbau haben wir beispielsweise viele mittelständische Firmen, die Komponenten liefern. Der Healthcare Markt – egal ob Bio, Pharma oder Medizintechnik. Es gibt hier zahlreiche Förderprogramme der Regierung, weil sie einerseits Korea als Biotech Standort stärken möchte, andererseits durch die alternde Bevölkerung ein großer Bedarf da ist. Das bringt viele Möglichkeiten für bayerische Unternehmen, hier als Partner aufzutreten. Smart Factory & Digitalisierung. Wie kann Automatisierung gestaltet werden? Welche Innovationen gibt es in der Fertigung und in Herstellungsprozessen? Bayerische Unternehmen genießen in diesem Bereich einen guten Ruf, große Unternehmen wie Siemens ebenso wie Mittelständler. Food & Beverages: Koreaner legen Wert auf gutes, qualitätsvolles Essen und lassen sich das auch was kosten. Bayerische Produkte schmecken ihnen und sie haben ein gutes Gefühl dabei! Baubranche: Grundsätzlich ist diese Branche eher schwierig für einen Markteintritt, weil es viele etablierte Player gibt. Wenn es gelingt, dann ergeben sich aber riesige Chancen in Korea und daraus ausgehend in Drittmärkten. Generell gilt: Bei schwieriger Infrastruktur- und Gebäudetechnik – beispielsweise in der Nukleartechnik - vertrauen Koreaner gern auf deutsche Maßarbeit.

Spannend ist auch, dass das Land ein attraktiver Produktionsstandort ist, man denke beispielsweise an die Halbleiterindustrie.

 

Häufige Anfragen an Sie sind ja, wie man am besten Vertriebspartner findet, welche Vertriebswege sinnvoll sind und wie man in den asiatischen Markt eintreten kann. Was raten Sie Unternehmen, die einen Markteintritt in Korea planen?

Man muss eine gewisse Offenheit mitbringen, denn es gibt eine unterschiedliche Geschäftskultur. Sie zu überwinden ist aber keine Hexerei. Denn Koreaner sind wie gesagt sehr offen, sie haben Freihandelsabkommen zu zahlreichen Staaten. Aber klar: Man muss erst einmal einen Fuß in die Tür bekommen. Da versuchen wir als AHK ein Brückenbauer zu sein, der die Unternehmen vorstellt, wenn sie international noch nicht so bekannt sind und behilflich ist bei der Suchen nach lokalen Partnern. Diese sind gerade am Beginn enorm wichtig. Oft sind das die klassischen Vertriebspartner, die den Markt gut kennen, über die notwendigen Netzwerke verfügen und auch schnell einen Service vor Ort anbieten können.

 

Gibt es klassische Fettnäpfchen, die bayerische Unternehmen vermeiden sollten?

Fettnäpfchen würde ich das jetzt nicht nennen. Aber man kann Bonuspunkte sammeln. Koreaner sind hierarchieaffin und legen viel Wert auf Titel – und auf Visitenkarten, die mit beiden Händen überreicht werden sollten. Es wird als Zeichen der Wertschätzung interpretiert, wenn der CEO oder der CFO zum Gespräch erscheint und nicht „nur“ der Herr Maier oder die Frau Huber. Ebenso sollten Meetings nicht zu direktiv laufen. Viel wichtiger als das gesprochene Wort ist gerade am Beginn die Stimmung, das Nunchi, also das, was zwischen den Zeilen passiert. Zum guten Ton gehört es u.a., geschlossene Fragen zu vermeiden – Koreaner mögen es gern, wenn es statt dem sprichwörtlichen schwarz-weiß auch noch viele Schattierungen gibt.

 

Was kann – neben den kulturellen Unterschieden – bayerischen Firmen den Markteintritt in Südkorea erschweren?

Ganz klar die Sprache. Auch wenn die offizielle Handelssprache im internationalen Kontext Englisch ist, kommuniziert man im lokalen Management dann doch koreanisch miteinander. Korea hat auch einen sehr regulierten Markt, Zulassungsprozesse können also durchaus aufwändig sein. Es gibt strikte Vorschriften beispielsweise beim Labeling, die eingehalten werden müssen.

Gleichzeitig gibt es so viele Chancen und auch Gemeinsamkeiten, auf die man aufbauen kann. Deutsche und Koreaner ergänzen sich. Während die Deutschen die Prozesse oft akribisch planen und hohen Wert auf Vorhersehbarkeit legen, laufen die Koreaner schon bei den sprichwörtlichen 80% los und kommen ins Handeln. Diese Schnelligkeit und Agilität ist etwas, was wir Deutschen von den Koreanern lernen können. Sie schätzen dafür unsere laufende Qualitätskontrolle. Eine Win-Win Situation.

 

140 Jahre Partnerschaft - wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?

Die deutsch-koreanische Partnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das auch weiter bestehen wird. Wir als AHK unterstützen alle interessierten Unternehmen darin, Korea als Export- und Partnerland zu entdecken - ob in Form von Messen, Delegationsreisen oder im direkten Kontakt. Und natürlich sind wir auch für alle Betriebe, die schon hier sind, immer gern Ansprechpartner.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Weiter Infos zur AHK in Korea finden Sie unter https://korea.ahk.de/  

 

Eine Übersicht der Projekte von Bayern Interantional in Südkorea finden Sie auf www.bayern-international.de/suedkorea

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